Empfindsame Menschen mit Gespür für das Schöne, mit schöpferischem Talent und Bürgersinn haben bezaubernde Ideen für ein zeitgemäßes Stadtwappen entwickelt.
Hierfür hat ein ortsansässiger Patriot anonym einen Preis ausgelobt, der demnächst verliehen wird.
Nach Durchsicht etlicher eingereichter Wettbewerbsbeiträge stellen die Juroren folgenden Trend fest:
Der traditionelle Schild mit dem diagonal zweigeteilten farbigen Muster wird womöglich erhalten bleiben.
In einer der Vorlagen soll jeden der vier Eichenzweige künftig ein kleines Fabrikgebäude mit einem qualmenden Schornstein zieren – Zeugnis der mehrheitlich fortschrittlichen Gesinnung unserer Stadtväter und Symbol wirtschaftlichen Senkrechtstarts.
Angesichts der nahen Adventszeit passen die vier Schlote ja fast so gut wie Baggerarbeiten zu minderwertigen Biotopen. Diese umfassen bekanntlich alte und kranke Bäume. Oder unbedeutende tierische Restbestände, die nicht mehr relevant sind.
Ein anderer Entwurf zeigt eine gefällte hohle Eiche mit Durchblick in die Ferne. Am Horizont erahnt der Betrachter die leuchtende Skyline rauchender Schornsteine in romantischer Abendsonne.
Überraschend kommt die Abbildung einer Eiche, deren Wurzeln dekorativ in den Himmel gespreizt sind und deren Krone im verdichteten Boden erstickt. Beide Ideen erscheinen uns zukunftsorientiert und aussagekräftig. Kunstkenner fühlen sich hier vielleicht an das Bild Der Schrei (Edvard Munch) erinnert.
In ästhetische Richtung geht dieser Designer: Die vierspurig ausgebaute Kieler Straße, präsentiert als eine von Trauerweiden gesäumte Allee, idyllisch begleitet durch ein berauschendes Blumenmeer. Der gewollte Kontrast zieht den Betrachter unentrinnbar in seinen Bann.
Entzückender geht‘s kaum.
Ergänzend dazu kursieren etliche originelle Ideen zum Einsatz weiterer markanter Wappenelemente als Zeichen unerbittlichen Strebens nach sprudelnden Einnahmen: Die Motorsäge (Signal der Entschlossenheit) und - brandaktuell! - als schicke Dreingaben die stilvolle Atemmaske (wahlweise blau oder rosa; optionale Schadstofffilter für verschiedene Gifte), die kleidsame feinstaubdichte Schutzbrille und – echt hip - pfiffige und formschöne, variantenreich gestaltete Ohrenschützer (Immissionsschutzklasse A+++).
Das ansprechende Modellbild zeigt für die dargestellte Maske und Schutzbrille ein weiteres Accessoire - die altbewährte bügellose Gasmaskenbrille, erhältlich in allen Sehstärken.
Siegeschancen werden auch diesem Wettbewerber eingeräumt: Er entwirft ein hübsches Stillleben mit Schutzanzügen, Strahlenmessgeräten und Jodtabletten. Das moderne Wappen könnte somit nicht nur dem Liebhaber gediegener Heraldik gefallen, sondern läge auf Augenhöhe mit modernster Technologie.
So bleibt unserer Stadt die seit 71 Jahren bestehende ungebremste industrielle Weiterentwicklung bestimmt erhalten. Kein Konkurrent wird es je schaffen, unser Wappen des Wachstums, aber auch den vitalen Fortschritt selbst, zu übertrumpfen.
Das preisgekrönte Siegerwappen wird sich mühelos zum hübschen Fachwerkgiebel gesellen können, der ortsfremde Besucher auf der frisch gestalteten Website der Stadt begrüßt.
Die Präsentation des Siegers wird ein Straßenfeger! Wir bleiben am Ball.